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Was wäre, wenn Technologie die Welt rettet – aber unsere Freiheit kostet?

  • Autorenbild: M. G.
    M. G.
  • 3. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Eine gesellschaftsphilosophische Auseinandersetzung mit dem zentralen Konflikt in Essenz der Rache

Wenn mich jemand fragt, worum es in Essenz der Rache wirklich geht, dann könnte ich vieles sagen: Rache. Verlust. Menschlichkeit. Aber wenn ich ehrlich bin, liegt der wahre Kern des Romans in einer viel grundsätzlicheren Frage, die mich selbst während des Schreibens nicht losgelassen hat:


Was wäre, wenn Technologie die Welt rettet, aber unsere Freiheit kostet?

Ich lade dich in diesem Blogpost ein, gemeinsam mit mir tiefer in diesen Gedanken einzutauchen. Denn genau das ist die Realität, mit der meine Figuren konfrontiert sind. Und vielleicht auch irgendwann wir selbst?


Die "gute" Besatzung: Ein moralisches Dilemma

In der Welt von Essenz der Rache wurde die Menschheit von einer fremden Zivilisation – den Delboranern – unterworfen. Was zunächst wie ein klassisches Szenario einer feindlichen Invasion klingt, entwickelt sich schnell zu einem moralischen Dilemma: Denn die Delboraner bringen nicht nur militärische Überlegenheit mit – sie bringen auch technologischen Fortschritt.


Und dieser Fortschritt hat das verändert, was wir so gerne als das größte Problem unserer Zeit ansehen: das Klima.

Dank der delboranischen Technologie ist die Erderwärmung gestoppt. Die Luft ist sauber. Die Städte blühen wieder auf. Die Menschen leben gesünder – länger. Aber sie leben auch in einem System, das sie nicht gewählt haben. Sie dürfen reisen – aber nicht überallhin. Sie dürfen sprechen – aber nicht alles. Sie dürfen lieben – aber nicht jeden.

Was bleibt da von Freiheit übrig?


Fortschritt durch Kontrolle – ein Preis, den nicht alle zahlen wollen

Mich hat beim Schreiben besonders die Frage bewegt: Wie leichtfertig geben wir Freiheit auf, wenn wir dafür Sicherheit bekommen?

Wir leben in einer Zeit, in der wir freiwillig unsere Daten hergeben, um kostenlos zu streamen, zu shoppen oder zu posten. Wir akzeptieren Algorithmen, die unsere Entscheidungen vorhersagen und oft sogar beeinflussen. Was, wenn eine fremde Macht käme und sagen würde:

"Wir retten euren Planeten. Aber im Gegenzug entscheidet ihr nicht mehr, was richtig oder falsch ist."


In Essenz der Rache kämpfen die Menschen in den freien Gebieten weiter. Nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie sich erinnern. Weil sie die Massaker nicht vergessen haben. Weil sie wissen, dass das System, das so viel Gesundheit und Wohlstand bringt, aus Blut gebaut ist.

Und gleichzeitig verstehen wir, warum manche sich dem System fügen. Weil das Überleben einfacher ist als der Widerstand. Weil sie müde sind. Weil ihre Kinder eine Zukunft haben – wenn sie gehorchen.


Diese Spannung zwischen Auflehnung und Anpassung zieht sich wie ein Riss durch jede Figur in meinem Roman – und vielleicht auch durch uns selbst.


Freiheit ist unbequem

Freiheit bedeutet Wahlmöglichkeiten, und damit Verantwortung.

Freiheit bedeutet Fehler.

Freiheit bedeutet Unsicherheit.


In der Dystopie meiner Geschichte hat sich ein Teil der Menschheit bewusst entschieden, diese Unsicherheit aufzugeben. Und es gibt gute Gründe dafür. Wer würde nicht den sicheren Weg wählen, wenn er bedeutet, dass die eigenen Kinder nicht an verseuchtem Wasser sterben? Oder dass das Haus nicht in einem Waldbrand untergeht?

Aber gleichzeitig – was bedeutet es, Mensch zu sein, wenn nicht genau diese Wahlfreiheit unser Wesen ausmacht?

Ich wollte diese Grauzonen zeigen. Die Schuld. Die Ambivalenz. Und ich wollte Charaktere schreiben, die aufhören, schwarz-weiß zu denken. Denn das ist es, was Geschichten für mich leisten müssen: Sie sollen Fragen stellen, nicht Antworten geben.


Technologie als Erlöser – oder als Kette?


Ein weiterer zentraler Punkt in Essenz der Rache ist das Zusammenspiel von Mensch und Technik. Ich habe bewusst Technologien eingebaut, die aus heutiger Sicht fast utopisch wirken: Selbstheilende Anzüge. Symbiotische Emergenzen. Biologische Energiespeicher.

Doch all diese Errungenschaften kommen mit einem Haken. Sie verändern nicht nur das Leben – sie verändern auch den Menschen.


Was macht das mit einem Soldaten, der dank seines Anzugs nicht mehr weiß, ob seine Gedanken noch seine eigenen sind? Was macht es mit einer jungen Frau, wenn die Technologie, die ihre Familie zerstört hat, nun ihre Heimat rettet?

Wie viel von unserer Identität hängt daran, selbst entscheiden zu können? Und was bleibt von uns übrig, wenn alles für uns entschieden wird – sogar das Wetter?


Zwischen den Fronten: Die Macht der Erinnerung


Eine der wichtigsten Figuren in Essenz der Rache ist Catriona. Sie hat den Krieg gesehen. Sie hat geliebt, verloren – und beschlossen zu kämpfen. Nicht für eine Idee. Nicht einmal für eine Zukunft. Sondern für die Erinnerung.

Denn was passiert, wenn niemand mehr weiß, warum der Kampf begonnen hat? Was, wenn Generationen heranwachsen, die glauben, die Besatzung sei immer schon da gewesen?

Erinnerung ist unbequem. Sie stört. Sie rebelliert. Sie fragt:

"Warum ist es, wie es ist?"


Und genau deshalb ist sie gefährlich.

Deshalb erzählt Essenz der Rache nicht nur die Geschichte eines Widerstands, sondern auch die Geschichte des Erinnerns. Des Nichtvergessens. Und der Frage: Wie viel ist uns Wahrheit wert?


Fazit: Fortschritt ohne Freiheit ist kein Fortschritt


Wenn ich Essenz der Rache in einem Satz zusammenfassen müsste, wäre es dieser:


"Du kannst die Welt retten – und sie trotzdem verlieren."


Wir leben in einer Zeit, in der technologische Lösungen dringend gebraucht werden. Gegen den Klimawandel. Gegen Krankheit. Gegen Hunger.

Aber der Preis darf niemals unsere Freiheit sein. Denn wenn wir aufhören, zu hinterfragen, zu zweifeln und uns zu entscheiden, dann sind wir keine Menschen mehr – sondern nur noch Nutznießer eines Systems, das uns irgendwann vergessen wird.


Essenz der Rache ist ein Versuch, diese Gedanken in eine Geschichte zu verpacken. Eine Geschichte voller Wut, Verlust – aber auch Hoffnung.

Und vielleicht, nur vielleicht, erinnert sie uns daran, dass wahre Rettung nicht von außen kommt. Sondern aus der Entscheidung, auch im Angesicht der Bequemlichkeit das Richtige zu tun.

 
 
 

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